Wie sieht der Semesterstart im Studiengang Wirtschaft und Sprachen aus?
Nun ist es wieder soweit – das neue Semester an der Hochschule Zittau Görlitz geht los. Die aktuellen Umstände stellen für uns alle eine echte Herausforderung dar, doch ist die Hochschulleitung zu einem prinzipiell neuen Konzept gekommen – einem Hybridsemester. Was ist das überhaupt? Was halten Studierende und Lehrende davon? Diese Fragen beantworte ich euch am Beispiel der Studienrichtung Wirtschaft und Sprachen.
Unter dem Begriff Hybridsemester versteht man eine Mischung vom Präsenz- und Onlineunterricht, der gleichermaßen verteilt ist. Im Rahmen der Onlineveranstaltungen steht uns OPAL zur Verfügung. Auf der Lernplattform befindet sich das ganze Lehr- und Lernangebot unserer Hochschule. Skripte der Vorlesungen, nützliche Links, Literaturempfehlungen, Foren und vieles mehr, was Studierenden für das bessere Verständnis des Lernstoffs brauchen, sind dort aufzufinden.
Big Blue Button ist auch für uns da, um die Durchführung der Lernveranstaltungen online zu ermöglichen. Der Onlineunterricht ist für uns alle ganz neu, trotzdem schaffen wir es, unsere üblichen Lerntätigkeiten wie gewohnt fortzuführen. Die Erfahrung der letzten Studienwochen hat gezeigt, dass die Studierenden engagiert bleiben und ihre Fragen oft und gerne stellen, obwohl sie von Zuhause aus mitmachen. Darüber hinaus lässt die Software Vorlesungen und Seminare aufnehmen und speichern, was unsere Studierenden für besonders praktisch halten und positiv bewerten.
Präsente Lehrveranstaltungen fallen ebenso nicht aus. Dabei ist natürlich die Einhaltung der Hygienemaßnahmen besonders wichtig – alle auf dem Campus sind verpflichtet, Mundschutz zu tragen und Abstand zu halten. Die Mundschutzpflicht gilt aber nicht für Vorlesungs- und Seminarräume, solange die vorgeschriebene Personenanzahl nicht überschritten wird. Den Hinweis darauf findet man an den Türen des jeweiligen Lehrsaals. Ansonsten sind keine Unterschiede zu beobachten.
Sowohl unsere Lehrenden als auch Lernenden hatten etwas Zeit, um ihre eigenen Meinungen bezüglich des Hybridsemesters zu bilden.
Prof. Dr. phil. Ph. Dr. (MU Brno) Annette Muschner, Studiendekanin und Professorin für tschechische Sprach- und Übersetzungswissenschaft, ist positiver Auffassung:
Das Hybridsemester ist eine gute Möglichkeit, die Vorteile beider Lehrformen, Präsenzlehre und Online-Lehre, ganz bewusst zu nutzen. Ich verstehe die Notwendigkeit der Online-Lehre und genieße jede Lehrveranstaltung in Präsenz. Mit dem Hybridsemester komme ich gut zurecht.
Der große Vorteil gegenüber dem Sommersemester besteht in der einheitlichen Verwendung von BBB und OPAL. Durch diese Einschränkung haben Lehrende und Studierende gemeinsam die Möglichkeit, nach und nach alle Funktionen und Möglichkeiten beider Systeme auszutesten.
Es macht Spaß, so ganz nebenbei auch neue Lehr- und Lernformen einzuführen.
Dr. phil. Ewa Wieszczeczynska, die sich mit Polnischen Sprach- und Übersetzungswissenschaft beschäftigt, sagt folgendes:
Ich habe sehr gute Erfahrungen mit dem online Semester im SoSe 2020. Zwar musste ich viele meiner bisherigen Lehrmaterialien für die Bedürfnisse der online Lehre anpassen und neue interaktive Lehrangebote entwickeln sowie neue Lehrmethoden anwenden, aber war mit den Ergebnissen meiner Studierenden sehr zufrieden. Betonen sollte man autonomes Lernen und Binnendifferenzierung in den sprachheterogenen Gruppen. Viele didaktische Lösungen der letzten Semester kann ich in diesem Semester anwenden. Es ist aber eine neue Herausforderung den Lehrprozess im WiSe 2020/21 zu planen, weil man online Phasen mit Präsenzphasen verbinden muss und wieder neue Lehrformate konzipieren muss. Bisher komme ich damit gut zurecht.
Prof. Dr. phil. Matthias Dopleb, unser Professor für Englische Sprach- und Übersetzungswissenschaft und seit Semesterbeginn Leiter des Fachgebiets Sprachen am ZfL, hat uns erzählt, wie seine Lehre in der Zeit des Hybridsemesters aussieht:
Mit der Übernahme der Leitung des Sprachenzentrums zum Wintersemester biete ich in Zittau und Görlitz sprachpraktische Übungen in Englisch für die neu immatrikulierten Studierenden des 1. Semesters als Präsenzveranstaltungen an (8 Semesterwochenstunden), damit sie sich besser in das Studium am Campus eingewöhnen können und sich in der Kommunikation im Unterricht gegenseitig kennenlernen.
Die Lehrveranstaltungen am Studiengang Wirtschaft und Sprachen (8 SWS) im allgemeinsprachlichen bzw. im fachsprachlichen Übersetzen (Business English) führe ich in diesem Semester digital durch. Das hängt in erster Linie auch damit zusammen, dass ich nicht mehr - wie vor Corona üblich - im Unterricht direkt neben den Studierenden ihre Übersetzungen kommentieren und korrigieren kann, weil das die Abstandsregelungen nicht zulassen. Deshalb werde ich die Korrekturen der fertigen Übersetzungen, die ich jede Woche als Word-Dateien von den Studierenden zugeschickt bekomme, wie schon im letzten Semester online korrigieren. Dadurch, dass ich die Korrekturen ausschließlich schriftlich vornehme und zeitnah wieder an die Studierenden zurückschicke, sind sie nachhaltiger, als wenn sie wie früher überwiegend mündlich erfolgen. Zum Ende des Semesters möchte ich in einer Videokonferenz Bilanz ziehen und gezielte Hinweise in Vorbereitung der schriftlichen Prüfungen geben.
Natürlich hoffe ich, dass im kommenden Jahr eine Impfmöglichkeit gegen Corona gegeben ist, so dass das nächste Studienjahr wieder weitestgehend normal stattfinden kann.
Dipl.-Lehrer Mgr. Sylva Potucková, die unseren Studierenden Tschechisch unterrichtet, hat uns andererseits mitgeteilt:
Nach der Rückmeldung der Studierenden weiß ich, dass das Hybridsemester in unserem Studiengang anstrengend ist, weil an einem Tag sowie der Präsenzunterricht, als auch Onlineunterricht stattfinden. Besonders für die Studierenden, die pendeln, ist es wesentlich komplizierter, alles zu organisieren, wenn sie an einem Tag wechseln müssen. Die Onlinephase, bzw. Präsenzphase im Block wären effizienter. An einem Tag beide Formen finde ich nicht gut. Die Studierenden in unterschiedlichen Gruppen können natürlich auch unterschiedliche Meinungen haben.
Unsere Studierenden haben verschiedene Feedbacks gegeben. Einigen von uns ist die reine Online-Lehre sogar viel lieber:
„Also ich finde eindeutig reine Online-Lehre besser als Hybrid-Lehre und auch als Präsenzlehre. Wenn es unser Studium als Fernstudium gäbe, würde ich das machen. Also für mich reine Online-Lehre auf jeden Fall das Beste“
Gegenteilig äußert sich der nächste Befragte:
„Ich muss ehrlich sagen, dass ich die Präsenzlehre vermisse – so einfach die Atmosphäre, die überfüllten Vorlesungsräume, die überfüllte Mensa und die ganzen Leute… Es ist überhaupt nicht vergleichbar mit dem, wie es jetzt ist. Klar, es ist wieder ein kleiner Schritt Richtung Normalität, da wir letztes Semester gar nicht dort waren. Ich kann auch verstehen, dass Leute das auch gut finden – die Hybrid-Lehre bzw. nur Online-Lehre – z.B. Leute, die nicht hier wohnen, die lange zur Hochschule anreisen müssen...Aber wie gesagt, mir fehlt einfach die Atmosphäre, das Gefühl so richtig vor Ort zu sein und die ganzen Menschen…“
Aber im Prinzip kommen unsere Studierende mit jetzigem Stand zurecht und sind mit der Hybridlehre zufrieden:
„Also mir gefällt das Hybridsemester besser als alles ausschließlich online zu haben. Für Übersetzungsmodule ist die Online-Lehre praktischer, aber bei Modulen wie Marketing finde ich es gut, die Seminare in Präsenz zu haben und die Vorlesungen, in denen man eh nur zuhört als Online-Veranstaltung, die aufgezeichnet wird, sodass man sie immer wieder abrufen kann“
Es lohnt sich zu erwähnen, dass die Türen der HSZG für ausländische Studierende trotz Corona offenstehen. Für die Erasmus-Studenten ist das Studium hier eine doppelschwere Herausforderung, da sie nicht nur eine neue Hochschule kennenlernen, sondern auch eine ganz neue Studienform. Nichtsdestotrotz äußern sie sich positiv dazu.
„Ich denke die Einführung des Hybridsemesters ist eine sehr gute Lösung. Aus der Erfahrung des letzten Semesters kann ich feststellen, dass die Studenten nicht so viel verlieren, wie beim Online-Unterricht. Ich denke, dass der persönliche Kontakt sowohl mit Dozenten, als auch mit anderen Studenten sehr wichtig ist. Außerdem es gibt immer noch viele Schwierigkeiten beim Online-Unterricht. Ich bin der Meinung, dass das Hybridsemester einen besseren Einfluss auf unsere Bildung hat. Ich als Erasmus-Studentin halte diese Erfahrung für sehr interessant“
So Aleksandra Panek, Erasmus-Studentin aus der Universität Danzig, Polen
Aus unserer Recherche ergibt sich, dass die meisten Lehrenden und Studierenden mit dem neuen Studienkonzept zurzeit klarkommen. Erst später werden wir alle feststellen, wie effektiv die Hybridlehre ist und wie gut die Lerninhalte unter solchen besonderen Umständen vermittelt werden können. Die Krise kann man auch positiv betrachten, da sie uns hilft, flexibel zu sein und neue Lernkonzepte durchzusetzen.