Auf ihrer Exkursion nach Südtirol hatten die Master-Studierenden des Internationalen Tourismusmanagements viele interessante Gespräche und Veranstaltungen zum Thema Weintourismus. Ihre gesammelten Erfahrungen entlang der italienischen Weinstraße kannst du anhand der Timeline in diesem Artikel nachvollziehen.
Autorin: Verena Nowatzky
Fotos: Sebastian Benad
Mitte März 2022 waren die Studierenden des Master-Studienganges „Internationales Tourismusmanagement“ zur Exkursion in Italien. Vom 14. bis 19.03.2022 drehte sich alles rund um das Thema Weintourismus entlang der Südtiroler Weinstraße, dem ältesten Weingebiet Italiens.
Nach einer langen Zugfahrt erreichte die Gruppe gegen 18:30 Uhr am Montag den Ort Tramin, direkt an der italienischen Weinstraße gelegen. Erschöpft fielen alle in ihre Betten, denn am nächsten Tag ging es in aller Frühe weiter zum Tourismusverein Tramin.
Dort stand ein Gespräch mit dem Vereinspräsidenten Stefan Calliari und dem Direktor Thomas Haberer auf dem Programm. Es drehte sich um die Frage, welche Rolle der Weintourismus für die Region spielt. So erklärte Calliari, dass rund 90 Prozent der Touristen aus Deutschland kommen und für diese nicht nur der Wein selbst im Vordergrund stehe, sondern auch zahlreiche andere Motive wie die traumhafte Landschaft, das Radfahren oder das Wandern.
Die historische Weinstraße, welche unter anderem über Kaltern, Eppan und Tramin verlief, wurde erst in den letzten vier bis fünf Jahren verstärkt auf den Tourismus ausgerichtet und neu strukturiert. Vom Verein Südtiroler Weinstraße wurden verschiedene Mobilitätskarten (z.B. der Weinpass) ins Leben gerufen. So erfolgt eine spürbare Entlastung der Infrastruktur und die entstehenden Kosten lassen sich durch die touristischen Einnahmen leicht refinanzieren. Weiterhin wurde im Gespräch die starke Kleinstrukturiertheit in Südtirol hervorgehoben, weshalb der Tourismusverein lokal vieles selbst in die Hand nimmt, wie beispielsweise einen Großteil der Werbung. Doch neben den touristischen Aktivitäten dürfen die Einheimischen nicht außen vor bleiben, denn nur durch Miteinbezug dieser kann die Authentizität sichergestellt werden. Für die Zukunft hat sich der Tourismusverein vorgenommen, sowohl die jüngere Zielgruppe verstärkt anzusprechen als auch die Randsaisons attraktiver zu gestalten.
Der nächste Stopp am Dienstag war das 4-Sterne-Hotel Plattenhof Tramin, wo die Studierenden neben einer Führung durch das Haus auch an einer Weinverkostung des Gewürztraminers durch den Inhaber und ehemaligen Bürgermeister Werner Dissertori teilnahmen. In der Traminer Kellereigenossenschaft ist der Plattenhof unter den 300 Winzern das kleinste Weingut – dafür aber mit einer 400 Jahre zurückreichenden Geschichte. Sogar Kardinal Ratzinger war im Hotel zu Besuch und Dissertori scheint nach eigener Aussage einen nicht unerheblichen Anteil zu dessen Ernennung als Papst beigetragen zu haben. Seine Worte damals zu Ratzinger:
„Wenn du genug vom Gewürztraminer trinkst, dann wirst du Papst.“
Der Inhaber berichtet auch von einigen Problemen im Weintourismus in Südtirol. Zunächst einmal ist das touristische Geschäft sehr saisonabhängig, weshalb die Destination daran arbeitet, den Saisonstart ins Frühjahr zu verlegen. Außerdem besteht eine starke Abhängigkeit vom deutschen Markt. Deshalb sollen die Marketingmaßnahmen inzwischen vor allem den italienischen Markt, aber auch Skandinavien und die Benelux-Staaten ansprechen.
Anschließend ging es weiter in die Weinkellerei Tramin – eine der meistprämierten Kellereien Italiens. Dort stand eine Führung inklusive Verkostung an, auf welcher den Studis die gesamte Kellerei mit allen Produktionsstufen gezeigt wurde. Im Anschluss trafen die HSZGler dann Verena Pigneter und Stephanie Prieth von der IDM (Innovators, Developers, Marketers), dem Innovations- und Kompetenzzentrum für eine nachhaltige Entwicklung in Südtirol. Die IDM ist zuständig für die Vermarktung der Region Südtirol und kümmert sich um Produktentwicklung, -bündelung und Kommunikation. Ihnen ist vor allem daran gelegen, Zusammenarbeit zwischen den einzelnen touristischen Anspruchsgruppen zu ermöglichen und so Synergien herbeizuführen.
„Das Hauptziel der Organisation ist es, generell eine gute Qualität beizubehalten und diese gleichzeitig zu steigern“, so Pigneter. Durch verschiedene Produkteinführungen wird zudem daran gearbeitet, die Saison eher zu starten, z.B. durch die kulinarischen Frühlingswochen im März und April.
Der Mittwoch begann mit einer Stadtführung durch Bozen mit Friederike Wielander. Die Landeshauptstadt von Südtirol hat einige Sehenswürdigkeiten zu bieten, wie z.B das „Ötzi- Museum“ oder den Bozner Dom - die größte Kirche Südtirols. Auch hier ist das Thema Wein präsent, denn der Dom verfügt über ein mittelalterliches Weintor.
Weiter ging es zum Verkehrsamt Bozen, wo pandemiebedingt nur 5 Studierende zum Interview mit dem Leiter des Amts für Personenverkehr Mirko Waldner und seinen Kollegen geladen waren. Im Interview ging es derweil darum, wie Südtirol zu einer Modellregion für nachhaltige alpine Mobilität werden kann. Im Gegensatz zur allgemeinen nachhaltigen Mobilität gilt es hier, die Herausforderung der starken Höhenunterschiede nachhaltig zu meistern, welche gerade das Fahrradfahren erschweren. Auch muss ein harmonisches Miteinander zwischen Fahrradfahrenden, Fußgänger*innen und Autofahrenden gewährleistet werden. Im Zuge des 10-Jahres-Plans erfolgt die Einführung einer eigenen Kompetenzstelle, bei der sich mindestens fünf Mitarbeitende ausschließlich um die Förderung der Radmobilität auf Landesebene kümmern werden. Ebenso gibt es den Südtirolpass, bei welchem man für die Nutzung des ÖPNV „belohnt“ wird. Je mehr man fährt, desto weniger zahlt man pro zurückgelegten Kilometer. Weiterhin soll durch die Optimierung von digitalen Services die Digitalisierung vorangetrieben werden.
Am Nachmittag fand ein Besuch der Bozener Weinkellerei mit Kellereidiener Robert Oberkofler statt. Das Besondere an dieser Kellerei ist die vertikale Verarbeitung. Nur zehn Prozent des Betriebs sind oberirdisch, der Rest befindet sich bis zu 35 Meter tief unter der Erde. Im Anschluss an die einstündige Führung genossen die Studierenden sieben Weine, unter anderem den Weißburgunder Moriz und den Gewürztraminer Selida. Die Menge an produzierten Litern ist in der Kellerei auf 5000 bis 7000 Liter limitiert; getreu dem Motto „Qualität statt Quantität“.
Heute ging es nach Kaltern, wo die Gruppe ein Gespräch mit Sarah Filippi und Elisabeth Ceolan vom Tourismusverein hatte. Sie betonte noch einmal, wie wichtig eine gute Qualität des touristischen Angebotes für die Wettbewerbsfähigkeit sei. Einen ebenso hohen Stellenwert hat aber auch die Zusammenarbeit zwischen den Tourismusvereinen untereinander und der IDM, gerade auch weil das Gemeinschaftsgefühl zwischen den 15 Weindörfern und den nur insgesamt 530.000 Einwohnern in Südtirol sehr stark ist. „Wir müssen gemeinsam und wir müssen zusammenarbeiten“, so Filippi. Den Wein beschreibt sie als Alltagskultur, welche seit jeher existiert, aber erst in den letzten Jahren durch verbesserte Erfahrbarkeit für Gäste greifbar gemacht wurde. Dies wird vor allem durch viele verschiedene weintouristische Events, wie beispielsweise die Weinsafari oder die Nacht der offenen Keller, realisiert.
Anschließend wanderte die Gruppe zum Kalterer See, um wieder Konzentration für den nächsten Programmpunkt zu sammeln: Ein Gespräch mit dem Präsidenten der Südtiroler Weinstraße Manfred Vescoli. Er berichtete von den Ursprüngen des Weintourismus, wie er heute in der Region existiert. Im Jahre 2000 erfolgte die Gründung des Vereines „Südtiroler Weinstraße“ und der Zusammenschluss mit 16 Mitgliedsgemeinden. Mittlerweile ist der Name Weinstraße sehr bekannt und steht für hohe Qualität. Auch erklärte Vescoli, dass die Reserven noch nicht vollständig ausgeschöpft seien. So müsse die authentische Küche als Kultur mit dem Wein noch stärker zusammenspielen. Ebenso gilt es, die Italiener als in den letzten Jahren gewachsene Zielgruppe vermehrt anzusprechen. Auch jüngere Reisende mit neuer Mentalität rücken in den Vordergrund, was ebenfalls berücksichtigt werden müsse.
Am letzten Exkurionstag fand morgens ein Interview in St. Michael mit Thomas Rauch, dem Geschäftsführer des Tourismusverein Eppan, statt, bei welchem durch Corona leider erneut nur fünf der Master-Studis teilnehmen konnten, die anschließend folgendes berichten:
Der Eppan Wein ist eine Marke für sich und die größte Weinanbau-Gemeinde Südtirols. Der Ort Eppan sticht vor allem als burgenreichste Region Europas hervor, aber begeistert auch durch seine Seen. In Zukunft soll auch hier die Bike Region Südtiroler Weinstraße entstehen, indem in die Lenkung und Koordination der Radtouristen investiert wird.
Auch prominente Gäste, wie die DFB-Nationalmannschaft, werden in Eppan empfangen. Damit verbunden sind zwar intensive Kosten, diese generieren allerdings auch eine enorme mediale Präsenz. Rauch betont außerdem die Wichtigkeit, Events und Angebote nicht nur ausschließlich für den Gast, sondern auch für die Einheimischen zu gestalten, um so ein harmonisches Miteinander zu schaffen.
Nach einer gemeinsamen Zusammenfassung und kurzen Einordnung der gewonnenen Erkenntnisse, stand der Nachmittag den Tourismus-Studierenden zur selbstständigen Erkundung der weintouristischen Angebote in der Umgebung zur Verfügung.
Nach vier erlebnisreichen Tagen mit einer ordentlichen Portion Input zum Verarbeiten machte sich die Görlitzer Delegation am Samstag wieder auf den Weg zurück ins beschauliche Sachsen.
Einen nachdrücklichen Eindruck hat vor allem das stark ausgeprägte, familiäre Gemeinschaftsgefühl in der Weinregion Südtirol hinterlassen. Gäste werden mit großer Herzlichkeit empfangen und auch die Betriebe, Vereine und Organisationen untereinander legen Wert auf Kooperation. Ebenfalls beeindruckt ist die Gruppe von der Tatsache, dass jeder Südtiroler sowohl Deutsch als auch Italienisch fließend beherrscht und somit sich beide Kulturgruppen gleichermaßen in der Region zu Hause fühlen. Für die Zukunft streben die touristischen Leistungsträger im Weintourismus eine größere Unabhängigkeit vom deutschen Markt durch die Erschließung weiterer Zielgruppen aus anderen Ländern sowie eine Verlängerung der Saison an.
Und zu guter Letzt ist festzuhalten: Bei aller Gastfreundlichkeit dürfen die Einheimischen auf keinen Fall außer Acht gelassen werden. Nur so ist ein respektvoller Umgang zwischen Touristen und Einwohnern möglich und ein Verlust von Authentizität wird vermieden.