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09. August 2022

Ukrainische Doktorandin erforscht digitale Kompetenzen im internationalen Vergleich

Im Interview berichtet die Erasmus+ Praktikantin Anastasiia Mazurchenko von ihrer Forschung zu digitalen Kompetenzen und von ihrem Aufenthalt in Görlitz an der Fakultät Management- und Kulturwissenschaften.

Digitalisierung braucht besondere Kompetenzen – Im Interview mit Doktorandin und Erasmus+ Praktikantin Anastasiia Mazurchenko

Autorin: Verena Nowatzky
Bilder: Anastasiia Mazurchenko, HSZG

Mgr. Anastasiia Mazurchenko ist Philosophie-Doktoranwärterin im letzten Studienjahr an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Technischen Universität Liberec (EF TUL, Tschechien). Sie hat ihre Studienabschlüsse an der Universität für Wirtschaft in Katowice (Polen) und am Vinnytsia Institut für Handel und Wirtschaft der Nationalen Universität für Handel und Wirtschaft in Kiew (Ukraine) erlangt.

Während der Durchführung studentischer Forschungsprojekten an der EF TUL fokussierte sie sich auf das Thema der digitalen Kompetenzen im Business tschechischer Unternehmen sowie der digitalen Kompetenzen an Hochschulen. In diesem Zusammenhang weilte Sie als Erasmus+ Praktikantin zu einem Forschungsaufenthalt von Mitte März bis Mitte Juni 2022 an der Fakultät Management- und Kulturwissenschaften an der HSZG. Wir haben sie dazu befragt.
 

Warum hattest du dich für ein Erasmus+ Praktikum an der HSZG beworben und wer hat dich betreut?

An meiner Heimatuniversität ist es Pflicht, im Ausland einen Forschungsaufenthalt zu absolvieren, um den akademischen Grad „Doktor der Philosophie“ zu erlangen. Von Anfang an war mein bevorzugtes Ziel Deutschland, idealerweise eine Universität in Sachsen, denn man muss nicht in die Ferne reisen, um in die Atmosphäre der internationalen Zusammenarbeit einzutauchen und die Kultur eines anderen Landes zu erleben.

Ich bin froh, dass die Leitung der Fakultät Management- und Kulturwissenschaften der HSZG und insbesondere das Fachgebiet Human Resources Management um Prof. Dr. Falk Maiwald Interesse an meinem Forschungsschwerpunkt und Kandidatenprofil gezeigt hat, was diese Zusammenarbeit ermöglichte. Bei einem Treffen im Mai am Campus in Görlitz tauschte sich meine Doktoranden-Betreuerin an der TU Liberec, doc. Ing. Kateřina Maršíková, Ph.D., die darüber hinaus auch die Prorektorin für Internationale Angelegenheiten der TUL ist, mit den deutschen Fachkollegen und dem International Office aus.

 

Hast du vorher schon mal an einem Erasmus+ Programm teilgenommen?

Ja, während meines Master-Studiums in Polen habe ich zwischen 2016 und 2017 ein Semester an der Mendel-Universität in Brno verbracht. Außerdem habe ich im Rahmen des Erasmus+ Programmes im März 2019 in Litauen an der Internationalen Studienprogrammwoche des SHARPEN-Projekts teilgenommen. Anmerkung der Übersetzerin: SHARPEN = SMEs Human Resource Attraction, Retention and Performance Enhancement Network (dt. KMU Netz für die Gewinnung, Bindung und Verbesserung der Leistung von Humanressourcen). Diese positive Erfahrung hat mich dazu motiviert, es erneut zu probieren, wenn sich eine Möglichkeit ergibt.
 

Was waren deine Hauptaufgaben während des Praktikums an der HSZG?

Meine Hauptaufgabe war es, eine quantitative empirische Untersuchung zur digitalen Kompetenz der Lehrenden an der HSZG (Professorinnen und Professoren, Lehrkräfte für besondere Aufgaben, Forschungsassistentinnen und -assistenten, Laboringenieurinnen und -ingenieure mit Lehraufgaben) durchzuführen. Dies beinhaltete zum einen die Gestaltung eines Fragebogens, welcher auf die Spezifik der Hochschule zugeschnitten wurde, und der Umsetzung einer Online-Umfrage. Anschließend wurden die Daten anonymisiert durch deskriptive Statistik ausgewertet und vor der Prorektorin für Bildung und Internationales mit ihrem Stabstellen-Team sowie vor dem Fakultätsrat der Fakultät Management- und Kulturwissenschaften wissenschaftlich präsentiert. Außerdem erstellte ich einen Forschungsbericht für das Hochschulmanagement und das Zentrum für E-Learning der HSZG. Als Teil des Praktikums führte ich eine kleine Studie im Auftrag des International Office und der HR-Abteilung durch, inwiefern die HSZG-Angestellten (sowohl akademisch als auch administrativ) Interesse an der Weiterbildung durch Online-Sprachkurse haben. Völlig ungeplant, dafür aber für mich sehr wichtig und wertvoll war die Möglichkeit für mich als Muttersprachlerin dem International Office bei der schriftlichen Kommunikation mit Flüchtlingen aus der Ukraine, welche Interesse an einem Studium oder einer Anstellung an der HSZG hatten, unter die Arme zu greifen.

Nebenbei habe ich natürlich die Region um Görlitz und bis Dresden erkundet. Ein Highlight war für mich der Muskauer Park mit seinem Schloss.

„Digitale Kompetenzen werden essenziell dafür, um effizient zu agieren und in der modernen Gesellschaft zu partizipieren.“

Warum hältst du die Entwicklung von digitalen Kompetenzen am Arbeitsplatz für zeitgemäß?

Neue Jobs entstehen und die Art und Weise, wie Arbeitsaufgaben erledigt werden, ändert sich. Daraus resultiert, dass digitale Kompetenzen essenziell dafür werden, um effizient agieren zu können und in der modernen Gesellschaft partizipieren zu können. Unter digitalen Kompetenzen verstehe ich die Fähigkeit, digitale Technologien verantwortungsvoll, selbständig und angemessen im Arbeits-, Lern- oder sozialen Kontext zu nutzen. In Anbetracht der Tatsache, dass neue digitale Technologien entstehen und relativ schnell in verschiedene Bereiche von Unternehmen und der Wirtschaft eindringen, wird die Entwicklung der digitalen Fähigkeiten von Arbeitnehmern eine langfristige Aufgabe und Teil des lebenslangen Lernens. Seit die Ausbildung von Fachkräften direkt in Hochschulen und Universitäten stattfindet, fungiert der Bildungssektor als Vermittler zwischen ihnen und den zukünftigen Arbeitgebern – und diese erwarten ein hohes Level an digitalen Kompetenzen.

 

Welche digitalen Fähigkeiten sind deiner Meinung nach am meisten für die Arbeit von Hochschullehrkräften gefordert?

Es ist keine Überraschung, dass die COVID-19-Pandemie durch den Bedarf nach Online-Lehre in Hochschulen und Universitäten höhere Anforderungen an Lehrkräfte gestellt hat. Meine Recherche an der EF TUL im Jahr 2021 hat gezeigt, dass die Lehrkräfte dort den größten Bedarf an digitalen Fähigkeiten für die Lehre, für die Datenanalyse und für digitales Projektmanagement verspürten. Durch meine Untersuchungen hier an der HSZG war ich erstaunt, welche Möglichkeiten digitaler Technologien die Lehrenden an der HSZG haben und nutzen, besonders für die Online-Lehre und den Kontakt zu den Studierenden. Sehr wichtig sind den Lehrenden der HSZG die Erstellung und effiziente Verbreitung digitaler Lehrmaterialien. Jedoch konnte ich auch Hinweise finden, dass in beiden Hochschulen die Arbeitsbelastung der Mitarbeitenden ein spürbares Hindernis für die Weiterentwicklung der digitalen Kompetenzen der Lehrkräfte darstellt. Wenn man die Vorteile betrachtet, welche die Digitalisierung für die Arbeit der Lehrenden im Allgemeinen bringen kann, bin ich der Meinung, dass sie langfristig das Potenzial noch besser nutzen werden, um eventuelle Defizite auszugleichen.

 

Hat das Erasmus+ Praktikum an der HSZG deine Erwartungen erfüllt? Welchen Rat würdest du anderen Studierenden geben, welche über einen Erasmus-Studienaufenthalt oder ein Erasmus-Praktikum hier nachdenken?

Zu Beginn war ich ein wenig besorgt, wie mein Aufenthalt hier werden würde, da ich überhaupt kein Deutsch spreche. Diese Angst war jedoch unbegründet, da die Menschen in meinem Umfeld, von meinem akademischen Betreuer über die Kollegen an der Hochschule bis hin zu meinen Nachbarn im Wohnheim, Englisch mit mir gesprochen haben, so dass ich mich wohlfühlen konnte. Natürlich wirst du auf die deutsche Sprache in offiziellen Institutionen nicht verzichten können, z.B. beim Besuch des Einwohnermeldeamts. Jedoch solltest du dich durch das Verlassen der eigenen Komfortzone nicht stoppen lassen und es zahlt sich aus. Dieses Praktikum ist eine einzigartige Chance für mich gewesen, internationale Daten zu erheben, die ich in meine Doktorarbeit mit einfließen lassen kann.

Gern hebe ich außerdem die hohe Kompetenz und Professionalität meiner Betreuer und Kollegen, mit denen ich das Glück hatte zusammenzuarbeiten, sowie die zwischen der TU Liberec und der HSZG ermöglichte Kooperation hervor. Und ich habe mich gefreut, dass ich in einem Gespräch mit dem Rektor der HSZG, Prof. Dr.-Ing. Alexander Kratzsch, viel über die Hochschule und ihre internationalen Beziehungen erfahren konnte.

 

gemeinsames Foto mit Anastasiia Mazurc, Prof. Dr.-Ing. Alexander Kratzsch, Nuraliyev Aldiyar, Prof. Dr. Roland Giese
Nach dem Gespräch mit dem Rektor der HSZG, Prof. Dr.-Ing. Alexander Kratzsch (v.l.n.r.), an dem auch Nuraliyev Aldiyar, Doktorand Turan Universität Almaty/Kasachstan und sein Doktoranden-Betreuer Prof. Dr. Roland Giese, Fakultät MK, teilnahm

fachliche Ansprechpartner:

Prof. Dr. rer. pol. Falk Maiwald
Prof. Dr. rer. pol.
Falk Maiwald
Fakultät Management- und Kulturwissenschaften
02826 Görlitz
Furtstraße 3
Gebäude G IV, Raum 2.20
2. Obergeschoss
+49 3581 374-4388
Dr.
Lucie Koutková
Dezernat Studium und Internationales
02763 Zittau
Theodor-Körner-Allee 16
Gebäude Z I, Raum 0.17
Erdgeschoss
+493583 612-3040