Wir haben die Studierenden der Fakultät Management- und Kulturwissenschaften zu diesem Thema befragt. Erfahrt hier mehr!
Gendern an der Hochschule: Ein Überblick
Autorin und Fotos: Marie Weiß
„Gendern“, vom englischen Wort gender für Geschlecht, bezieht sich nicht auf das biologische Männlein / Weiblein, sondern auf das soziale Geschlecht, welches die Empfindungen und Gefühle des Menschen einbezieht. Gendern ist also die geschlechtergerechte Sprache, welche für ein wenig mehr Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern sorgen soll. Seit 2018 gibt es die dritte Geschlechteroption „divers“, welche alle Menschen einbezieht, die sich weder männlich noch weiblich fühlen.
Um einen kleinen Einblick in die Sprachwissenschaft zu erlangen, habe ich mit Frau Prof. Muschner gesprochen. Sie ist Sprachwissenschaftlerin, Dozentin an unserer Fakulät und Mitautorin des Genderleitfadens unserer Hochschule.
Meine erste Frage an sie lautete: „Warum ist das Gendern so wichtig?“. Sie erklärte mir, dass dies keine Frage an die Sprachwissenschaft sei, sondern an die Sozialwissenschaften. Hättet ihr das gewusst?
Beantwortet wird diese Frage von einem unserer Dozenten der Fakultät Sozialwissenschaften, Herrn Prof. Kollmorgen:
Sprache hat sehr viel mit Kultur und Denken zu tun, sie ist immanent politisch (ohne nur politisch zu sein); über das Sprechen als soziales Handeln gestalten wir die soziale Welt. Die gesellschaftlichen Entwicklungen bedingen und formen den Sprachwandel. Wichtig dabei ist jedoch, dass sich die gesellschaftlichen Entwicklungen auch im Sprachwandel ausdrücken.
„Natürlich bringt das Gendern per se keine Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern. Vielmehr zeigt es Gendern, wo Frauen überall schon aktiv an der Gestaltung unserer Gegenwart und Zukunft mittun“, antwortete Frau Prof. Muschner auf meine Frage, ob das Gendern Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern hervorbringe. Eine sehr treffende Antwort, der nichts hinzuzufügen ist. Ihrer Meinung nach ist es nicht nur wichtig, dass Frauen in unserer Gesellschaft immer mehr verantwortliche Positionen übernehmen, sondern auch, dass wir diesen Trend sprachlich klar zum Ausdruck bringen.
Das Gendern bleibt an unserer Hochschule freiwillig, teilte mir Frau Prof. Muschner mit. Sie sieht deshalb für Studierende keine Probleme, da es grundsätzlich keinen Zwang zum Gendern gibt:
Wer es nicht möchte, der muss es auch nicht tun. Wer gern gendern möchte, dabei aber noch unsicher ist, dem hilft der Genderleitfaden der Hochschule. Frau Prof. Muschner und die Gleichstellungsbeauftragte unserer Hochschule Frau Dr. Reinhold stehen bei Fragen gern beratend zur Seite.
Im Folgenden werden gendersensible Möglichkeiten überblicksartig am Beispiel des Wortes Lehrer dargestellt. Es ist ganz leicht:
Der Clou am Genderleitfaden der Hochschule Zittau/Görlitz ist, dass am Ende ein Glossar all jene hochschulrelevanten Begriffe enthält, die überwiegend schon Eingang in unseren Hochschulalltag und in die Öffentlichkeitsarbeit gefunden haben.
Dafür haben wir eine Umfrage unter den Studierenden der Fakultät Management- und Kulturwissenschaften durchgeführt, an der circa 15% der Studierenden teilgenommen haben.
Unter anderem habe ich gefragt, ob das Gendern Gerechtigkeit zwischen den Geschlechtern hervorbringe. Die Mehrheit ist der Meinung, dass es keine Gerechtigkeit hervorbringt.
Das Thema Gendern in der Sprache „scheint eher zu polarisieren“. „Die Gehälter zwischen Männern und Frauen anzupassen, würde zu mehr Gleichberechtigung führen.“ Einige der Befragten sind der Meinung, dass manche Formen den Sprachfluss stören, gezwungen wirken und herabwürdigender als das generische Maskulinum sind.
Es gibt dennoch einige Studierende, die der Meinung sind, dass das Gendern für Gerechtigkeit sorgt: „Wenn der Sprache auch Taten folgen“, ,,Respekt vor Frauen“ und ,,schafft Achtung ALLER“ sind zum Beispiel Aussagen der Befürwortenden. Eine Studentin ist zwar der Meinung, dass das Gendern für Gleichberechtigung sorgt, findet die gewaltige mediale Aufmerksamkeit für dieses Thema aber häufig übertrieben.
Im Allgemeinen scheint das Gendern auch unter den Teilnehmenden der Umfrage eher weniger sinnvoll oder nötig: Das Sternchen beispielweise bringe den Unterschied zwischen männlich und weiblich sogar nur weiter hervor.
,,Ich finde es wichtiger, Frauen erst an anderen Stellen zu helfen, bevor es an die Sprache geht. […] Was die Arbeitswelt angeht, werden Frauen immer noch diskriminiert, und zwar in Bereichen, die den Alltag mehr beeinflussen als gegenderte Sprache. Da an diesen Problemen gefühlt nichts geändert wird und stattdessen an "der richtigen Ausdrucksweise" gearbeitet wird, kommt es mir wie eine Vertröstung vor, um so tun zu können als wäre es der Regierung/Gesellschaft wichtig.“
Diese Aussage einer Studierenden finde ich persönlich sehr bewegend. Mit der Sprache beginnt meiner Meinung nach zumindest der Prozess des Umdenkens und man darf nie vergessen, dass Sprache immer im Wandel ist.
„Es kommt auf die Situation an und kann entsprechend angepasst werden. Aber man muss nicht in jedem Bereich das Gendern benutzen.“
Demgegenüber sind einige sogar der Meinung, dass das Gendern an unserer Hochschule dringend notwendig ist und dass man Wege finden sollte, dass es nicht zu gezwungen klingt. Dafür bieten sich neutrale Formen wie beispielsweise Studierende perfekt an.
Die neutralen Formen sind unter den Befragten auch die beliebteste Art zu gendern, da sie im Sprachfluss am unauffälligsten sind. Im Ranking der Studierenden folgt das Sternchen, einige präferieren die Paarform, manche den Schrägstrich, andere den Doppelpunkt, niemand der Befragten benutzt allerdings den Unterstrich. Einige der Befragten sind der Meinung, dass der Mehrheit das Gendern aufgrund der vielen unterschiedlichen Formen und der vielen Möglichkeiten, schwerfällt. So gendern nur 37% derer, die an der Umfrage teilgenommen haben.
Bei der Frage, ob das Gendern an unserer Hochschule implementiert werden sollte, fällt das Ergebnis recht durchwachsen aus. Das Ergebnis könnt ihr in folgender Grafik erkennen.
Wie sieht es denn mit dem Thema Gendern und Freiwilligkeit aus, vor allem hinsichtlich akademischer Texte?
Insgesamt haben zwölf Studierende auf diese Frage geantwortet. Die Mehrheit ist dafür, dass das Gendern freiwillig bleiben solle und jede einzelne Person frei entscheiden könne, ob und wann sie in akademischen Arbeiten gendern möchte. Es gibt jedoch auch andere Meinungen, zum Beispiel, dass Freiwilligkeit keine Lösung sei und dass es eine klare, einheitliche Regelung geben müsse.
Insgesamt kann man sagen, dass die Meinungen unserer befragten Studierenden sehr unterschiedlich sind. Im Endeffekt müssen wir immer selbst entscheiden, ob wir gendern möchten oder nicht. Es ist in jedem Fall empfehlenswert, sich mit dem Thema genauer auseinanderzusetzen und es einfach mal auszuprobieren: Was gibt es zu verlieren?