Inklusion als Schlüssel nachhaltiger Entwicklung
Nachhaltigkeit im Tourismus geht weit über ökologische Aspekte hinaus – sie schließt gesellschaftliche Verantwortung, soziale Gerechtigkeit und vor allem Barrierefreiheit mit ein. An der Hochschule Zittau/Görlitz wird dieser umfassende Nachhaltigkeitsbegriff nicht nur theoretisch behandelt, sondern praktisch erfahrbar gemacht. Im Studiengang Tourismusmanagement wurde im fünften Semester eine besondere Lerneinheit konzipiert, die Barrieren nicht nur sichtbar, sondern spürbar macht. Studierende setzten sich in einem praxisnahen Lehrprojekt mit den Herausforderungen barrierefreien Reisens auseinander – ein Erfahrungsformat, das sowohl Empathie fördert als auch neue Perspektiven für eine inklusive touristische Praxis eröffnet.
Barrierefreies Reisen ist mehr als nur ein Qualitätsmerkmal – es ist ein Menschenrecht, das im Grundgesetz verankert ist. Genau deshalb nimmt dieses Thema an der Fakultät Management- und Kulturwissenschaften einen festen Platz in der Lehre ein. Im Rahmen eines praxisnahen Lehrformats erhielten die Studierenden des fünften Semesters im Studiengang Tourismusmanagement die Möglichkeit, das Thema Barrierefreiheit nicht nur theoretisch zu reflektieren, sondern in einer Selbsterfahrungseinheit unmittelbar zu erleben. Ziel war es, die Hochschulstadt Görlitz aus der Perspektive von Menschen mit Einschränkungen zu erkunden.
Dabei nutzten die Teilnehmenden verschiedene Simulationshilfen wie Rollator, Rollstuhl, Altersanzug sowie Hilfsmittel zur Beeinträchtigung von Seh- und Hörvermögen. Diese realitätsnahen Erfahrungen ermöglichten es, die alltäglichen Hürden, mit denen viele Menschen konfrontiert sind, bewusst wahrzunehmen – von unzugänglichen Wegen bis hin zu fehlenden Informationen. Das fördert nicht nur Verständnis und Empathie, sondern stärkt das Bewusstsein für Inklusion als zentralen Bestandteil eines nachhaltigen Tourismus.
Die Umsetzung der Lerneinheit verfolgte ein klares Ziel: durch persönliche Erfahrung das Bewusstsein der Studierenden für Inklusion und Barrierefreiheit zu vertiefen. Diese Herangehensweise steht exemplarisch für den innovativen, interdisziplinären Lehransatz an der Fakultät F-MK. Durch den Perspektivwechsel konnten die Studierenden hautnah erfahren, welche Hindernisse Menschen mit Mobilitäts- oder Sinneseinschränkungen auf Reisen überwinden müssen – und wo es noch strukturelle Verbesserungen braucht.
Gleichzeitig zeigte die Erfahrung auch auf, welche Potenziale barrierefreie Angebote für die Tourismusbranche bergen – nicht nur als ethischer Anspruch, sondern auch als bedeutendes Qualitäts- und Wettbewerbsmerkmal. Die Verknüpfung von Theorie und Praxis stärkt die Handlungskompetenz der Studierenden und rüstet sie für ihre zukünftige Rolle in der Gestaltung eines nachhaltigen Tourismus.
Ein besonderer Impuls kam durch den Besuch von Antje Rennarck von der Tourismus Marketing Gesellschaft Sachsen (TMGS). Sie stellte das Projekt „Sachsen barrierefrei erleben!“ vor – ein landesweites Vorhaben, das Barrierefreiheit als integrierten Bestandteil touristischer Qualität versteht. In diesem Projekt geht es nicht nur um punktuelle Maßnahmen, sondern um komplett barrierefreie Serviceketten – von Anreise über Unterkunft bis zum Freizeitangebot.
Zentral ist dabei, dass Barrierefreiheit als Komfortmerkmal für alle verstanden wird. Menschen mit Mobilitäts-, Seh- oder Hörbeeinträchtigungen, ältere Reisende, Familien mit Kleinkindern – sie alle profitieren von transparenten Informationen und baulich sowie kommunikativ zugänglichen Angeboten. Die TMGS listet über 550 geprüfte barrierefreie Betriebe auf einer eigens eingerichteten Onlineplattform, darunter Unterkünfte, Kultur- und Naturerlebnisse, Touren und Museen in ganz Sachsen.
Die Studierenden erhielten durch Frau Rennarck wertvolle Einblicke in die Praxis und erfuhren, wie Barrierefreiheit durch Qualitätssicherung, Sensibilisierung und Marketingmaßnahmen konkret umgesetzt wird. Für die Teilnehmenden wurde damit deutlich, wie sehr Inklusion nicht nur ein gesellschaftlicher Anspruch ist, sondern auch eine ökonomische Chance für den Tourismus darstellt.